6.7 Besonderheiten bei der Ausnahmebehandlung *
Bei der Ausnahmebehandlung gibt es ein paar Überraschungen, die vier Abschnitte gesondert vorstellen.
6.7.1 Rückgabewerte bei ausgelösten Ausnahmen

Java versucht, durch den Programmfluss den Ablauf innerhalb einer Methode zu bestimmen und zu melden, ob sie definitiv einen Rückgabewert liefert. Dabei verfolgt der Compiler die Programmpfade und wertet bestimmte Ausdrücke aus. Doch die Aussage »Jede Methode mit einem Ergebnistyp ungleich void muss eine return-Anweisung besitzen« müssen wir etwas relativieren. Nur in einem speziellen Fall müssen wir dies nicht: nämlich genau dann, wenn vor dem Ende der Methode eine throw-Anweisung die Abarbeitung beendet:
Listing 6.25: NoReturn.java
class Windows7KeyGenerator
{
public String generateKey()
{
throw new UnsupportedOperationException();
}
}
Ein Blick auf generateKey() verrät, dass trotz eines angekündigten Rückgabewerts keine return-Anweisung im Rumpf steht. Die Abarbeitung wird vor dem Rücksprung durch eine Exception abgebrochen. generateKey() muss diese Exception nicht mit throws ankündigen, da UnsupportedOperationException eine RuntimeException ist.
6.7.2 Ausnahmen und Rückgaben verschwinden: Das Duo »return« und »finally«

Ein Phänomen in der Ausnahmebehandlung von Java ist eine return-Anweisung innerhalb eines finally-Blocks. Zunächst einmal »überschreibt« ein return im finally-Block den Rückgabewert eines return im try-Block:
static String getIsbn()
{
try {
return "3821829877";
}
finally {
return "";
}
}
Der Aufrufer empfängt immer einen leeren String.
Interessant ist auch folgendes Programm:
public static int a()
{
while ( true )
{
try {
return 0;
}
finally {
break;
}
}
return 1;
}
Die Ausgabe auf der Konsole ist 1. Das break im finally lässt die Laufzeitumgebung aus der Schleife austreten und den Rückgabewert ignorieren.
Ein weiteres Kuriosum sind Ausnahmen. Die Laufzeitumgebung gibt bei einer return-Anweisung im finally-Block eine im try-Block ausgelöste Ausnahme nicht zum Aufrufer weiter, sondern bietet einfach die Rückgabe an.
Die folgende Methode löst zum Beispiel eine RuntimeException aus, die aber der Aufrufer der Methode nie sieht:
static void obamaVsMcCain()
{
try {
throw new RuntimeException();
}
finally
{
return;
}
}
Entfernen wir die Zeile mit dem return, ist das Verhalten der Laufzeitumgebung wie erwartet.
Der Java-Compiler von Eclipse markiert die Diskrepanz und zeigt eine Warnung an (»finally
block does not complete normally«). Mit der Annotation @SuppressWarnings("finally") schalten wir diesen Hinweis ab.
6.7.3 throws bei überschriebenen Methoden

Beim Überschreiben von Methoden gibt es eine wichtige Regel: Überschriebene Methoden in einer Unterklasse dürfen nicht mehr Ausnahmen auslösen, als schon beim throws-Teil der Oberklasse aufgeführt sind. Da das gegen das Substitutionsprinzip verstieße, kann eine Methode der Unterklasse nur
- dieselben Ausnahmen wie die Oberklasse auslösen,
- Ausnahmen spezialisieren oder
- weglassen.
Dazu sehen wir hier ein konstruiertes Beispiel für die beiden letzten Fälle:
Listing 6.26: ExceptionlessRandomAccessFile.java
import java.io.*;
import java.net.ProtocolException;
public class ExceptionlessRandomAccessFile extends RandomAccessFile
{
public ExceptionlessRandomAccessFile( File file, String mode )
throws FileNotFoundException
{
super( file, mode );
}
@Override
public long length()
{
try
{
return super.length();
}
catch ( IOException e )
{
return 0;
}
}
@Override
public void write( int b ) throws ProtocolException
{
try
{
super.write( b );
}
catch ( IOException e )
{
throw new ProtocolException();
}
}
}
Die Methoden length() und write() lösen in RandomAccessFile eine IOException aus. Unsere Unterklasse ExceptionlessRandomAccessFile überschreibt zunächst length() und lässt die Ausnahme in der Signatur weg. Das hat in der Nutzung einige Folgen, denn wenn wir die Klasse als ExceptionlessRandomAccessFile der Art
ExceptionlessRandomAccessFile raf = ...
raf.length();
verwenden, muss die nicht vorhandene zu prüfende Ausnahme von length() ebenfalls nicht abgefangen werden – und darf es auch gar nicht, weil ein try-catch auf eine IOException zu einem Compilerfehler führt.
Umgekehrt: Ist raf vom Typ der Basisklasse RandomAccessFile, muss die Ausnahme auf jeden Fall abgefangen werden:
RandomAccessFile raf = ...;
try
{
raf.length();
}
catch ( IOException e ) { }
Das zeigt die Schwierigkeit bei überschriebenen Methoden, die Ausnahmen weglassen.
Bei der Methode write() führt throws den Ausnahmetyp ProtocolException als Unterklasse von IOException auf. Natürlich reicht es nicht aus, in write() einfach super.write() stehen zu lassen (was nur eine allgemeinere IOException auslösen würde, aber nicht die versprochene speziellere ProtocolException). Daher fangen wir im Rumpf der Methode das super.write() ab und erzeugen die speziellere ProtocolException.
Design |
Wenn demnach eine überschriebene Methode der Unterklasse keine geprüften Fehler hinzufügen kann, muss das Design der Basistypen so entworfen sein, dass Unterklassen notwendige Fehler melden können. |
6.7.4 Nicht erreichbare catch-Klauseln

Eine catch-Klausel heißt erreichbar, wenn es in dem try- und catch-Block eine Anweisung gibt, die die in der catch-Klausel abgefangene Fehlerart tatsächlich auslösen kann. Zusätzlich darf vor dieser catch-Klausel natürlich kein anderes catch stehen, das diesen Fehlerfall mit abfängt. Wenn wir zum Beispiel catch(Exception e) als erstes Auffangbecken bereitstellen, werden natürlich alle Ausnahmen dort behandelt. Die Konsequenz daraus: catch-Klauseln sollten immer von den speziellen zu den allgemeinen Fehlerarten sortiert werden.
Wenn wir ein Objekt RandomAccessFile aufbauen und anschließend readLine() verwenden, so muss eine FileNotFoundException vom Konstruktor und eine IOException von readLine() abgefangen werden. Da eine FileNotFoundException eine Spezialisierung ist, also eine Unterklasse von IOException, würde ein catch(IOException e) schon reichen. Steht im Quellcode folglich der catch für die FileNotFoundException dahinter, wird der Teil nie ausgeführt werden können, und der Compiler merkt das zu Recht an.
Übertriebene throws-Klauseln
Eine Methode compiliert, auch wenn sie zu viele oder zu allgemeine Fehlerarten in ihrer throws-Klausel angibt:
Listing 6.27: TooManyExceptions.java, openFile()
void openFile() throws FileNotFoundException,
IOException,
InterruptedException
{
new RandomAccessFile( "", "" );
}
Unsere Methode openFile() ruft den Konstruktor von RandomAccessFile auf, was bekannterweise zu einer FileNotFoundException führen kann. openFile() jedoch gibt neben FileNotFoundException noch die allgemeinere Oberklasse IOException an und meldet mit InterruptedException noch eine geprüfte Ausnahme, die der Rumpf überhaupt auslöst. Trotzdem lässt der Compiler das durch.
Beim Aufruf solcher Methoden in try-Blöcken müssen in den catch-Klauseln die zu viel deklarierten Exceptions aufgefangen werden, auch wenn sie nicht wirklich erreicht werden können:
Listing 6.28: TooManyExceptions.java, useFile()
try
{
openFile();
}
catch ( IOException e ) { }
catch ( InterruptedException e ) { }
Der Sinn besteht darin, dass dies später in einer Erweiterung einer Methode, etwa einer InterruptedException, durchaus vorkommen kann, und dann sind die Aufrufer darauf schon vorbereitet.
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