6.9 Typen in Hierarchien 

Die Vererbung bringt einiges Neues in Bezug auf Kompatibilität von Typen mit. Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit den Fragen, welche Typen kompatibel sind, wie sich ein Typ zur Laufzeit testen lässt.
6.9.1 Automatische und explizite Typanpassung 

Die Klassen Room und Player modellierten wir als Unterklassen von GameObject. Die eigene Oberklasse GameObject erweitert selbst keine explizite Oberklasse, sodass implizit java.lang.Object die Oberklasse ist. In GameObject gibt es das Attribut name, das Player und Room erben, und der Raum hat zusätzlich size für die Raumgröße.
Automatische Typanpassung
Mit der Ist-eine-Art-von-Beziehung ist eine interessante Eigenschaft verbunden, die wir bemerken, wenn wir die Zusammenhänge zwischen den Typen beachten:
- Ein Raum ist ein Spielobjekt.
- Ein Spieler ist ein Spielobjekt.
- Ein Spielobjekt ist ein java.lang.Object.
- Ein Spieler ist ein java.lang.Object.
- Ein Raum ist ein java.lang.Object.
- Ein Raum ist ein Raum.
- Ein Spieler ist ein Spieler.
Kodieren wir das in Java:
Listing 6.60 com/tutego/insel/game/vd/TypeSuptype.java, main()
Player playerIsPlayer = new Player(); GameObject gameObjectIsPlayer = new Player(); Object objectIsPlayer = new Player(); Room roomIsRoom = new Room(); GameObject gameObjectIsRoom = new Room(); Object objectIsRoom = new Room();
Es gilt also, dass immer dann, wenn ein Typ gefordert ist, auch ein Untertyp erlaubt ist. Der Compiler führt eine implizite Typanpassung durch. Wir werden uns dieses so genannte Liskov’sche Substitutionsprinzip im folgenden Abschnitt anschauen.
Was wissen Compiler und Laufzeitumgebung über unser Programm?
Wichtig ist zu beobachten, dass Compiler und Laufzeitumgebung unterschiedliche Dinge wissen. Durch den new-Operator gibt es zur Laufzeit nur zwei Arten von Objekten: Player und Room. Auch wenn es heißt
GameObject gameObjectIsRoom = new Room();
referenziert gameObjectIsRoom zur Laufzeit ein Room-Objekt. Der Compiler aber »vergisst« dies und glaubt, gameObjectIsRoom wäre nur ein einfaches GameObject. In der Klasse GameObject ist jedoch nur name deklariert, aber kein Attribut size, obwohl das tatsächliche Room-Objekt natürlich eine size kennt. Auf size können wir aber erst einmal nicht zugreifen:
println( gameObjectIsRoom.name ); println( gameObjectIsRoom.size ); // gameObjectIsRoom.size cannot be resolved // or is not a field
Schreiben wir noch einschränkender:
Object objectIsRoom = new Room(); println( objectIsRoom.name ); // objectIsRoom.name cannot be resolved // or is not a field println( objectIsRoom.size ); // objectIsRoom.size cannot be resolved or // is not a field
so steht hinter der Referenzvariablen objectIsRoom ein vollständiges Room-Objekt, aber weder size noch name sind nutzbar; es bleiben nur die Fähigkeiten aus java.lang.Object.
Explizite Typanpassung
Diese Typeinschränkung gilt auch an anderer Stelle. Ist eine Variable vom Typ Room deklariert, können wir die Variable nicht mit einem »kleineren« Typ initialisieren.
GameObject go = new Room(); // Es ist ein Raum zur Laufzeit Room cubbyhole = go; // Type mismatch: cannot convert from // GameObject to Room
Auch wenn zur Laufzeit go ein Room referenziert, können wir cubbyhole nicht damit initialisieren. Der Compiler kennt go nur unter dem »kleineren« Typ GameObject, und das reicht nicht zur Initialisierung vom »größeren« Typ Room.
Es ist aber möglich, das Objekt hinter go durch eine explizite Typumwandlung für den Compiler wieder zu einem vollwertigen Room mit Größe zu machen:
Room cubbyhole = (Room) go; System.out.println( cubbyhole.size ); // Room hat Attribut size
Unmögliche Anpassung und ClassCastException
Dies funktioniert aber lediglich dann, wenn go auch wirklich einen Raum referenziert. Dem Compiler ist das in dem Moment relativ egal, sodass auch Folgendes ohne Fehler kompiliert:
GameObject go = new Player(); Room cubbyhole = (Room) go; // Hier folgt die ClassCastException System.out.println( cubbyhole.size );
Zur Laufzeit kommt es bei diesem Kuckucksobjekt zu einer ClassCastException:
Exception in thread "main" java.lang.ClassCastException:com.tutego.insel.game.vd.Player cannot be cast to com.tutego.insel.game.vd.Room at com.tutego.insel.game.vd.ClassCastExceptionDemo.main(ClassCastExceptionDemo.java:8)
6.9.2 Das Substitutionsprinzip 

Stellen wir uns vor, Bekannte kommen ausgehungert von einer Wandertour und fragen: »Haste was zu essen?« Die Frage zielt wohl darauf ab, dass es bei Hunger ziemlich egal ist, was wir anbieten, wichtig ist nur etwas Essbares. Daher können wir Eis, aber auch Frittierfett und leckere gegrillte Heuschrecken anbieten.
Diese Ausgangslage führt uns zu einem wichtigen Konzept in der Objektorientierung: »Wer wenig will, kann viel bekommen.« Genauer gesagt: Wenn Unterklassen wie Player oder Room die Oberklasse GameObject erweitern, können wir überall, wo GameObject gefordert wird, auch einen Player oder Room übergeben, da beide ja vom Typ GameObject sind und wir mit der Unterklasse nur spezieller werden. Auch können wir weitere Unterklassen von Player und Room übergeben, da auch die Unterklasse weiterhin zusätzlich das »Gen« GameObject in sich trägt. Alle diese Dinge wären vom Typ GameObject und daher typkompatibel. Wenn nun etwa eine Methode eine Übergabe vom Typ GameObject erwartet, kann sie alle Eigenschaften von GameObject nutzen, also das Attribut name, da ja alle Unterklassen die Eigenschaften erben und Unterklassen die Eigenschaften nicht »wegzaubern« können. Derjenige, dem wir »mehr« übergeben, kann damit zwar nichts mit den Erweiterungen anfangen, ablehnen wird er das Objekt aber nicht, weil es alle geforderten Eigenschaften aufweist.
Weil anstelle eines Objekts auch ein Objekt der Unterklasse auftauchen kann, sprechen wir von Substitution. Das Prinzip wurde von der Professorin Barbara Liskov [Die Zeitschrift »Discover« zählt sie zu den 50 wichtigsten Frauen in der Wissenschaft.] formuliert und heißt daher auch Liskov’sches Substitutionsprinzip.
Die folgende Klasse QuoteNameFromGameObject nutzt diese Eigenschaft. Sie fordert in der Funktion quote() irgendein GameObject, von dem bekannt ist, dass es ein Attribut name hat. Im Hauptprogramm kann quote() ein Spieler oder Raum übergeben werden.
Listing 6.61 com/tutego/insel/game/vd/QuoteNameFromGameObject.java, QuoteNameFromGameObject
public class QuoteNameFromGameObject { public static void quote( GameObject go ) { System.out.println( "'" + go.name + "'" ); } public static void main( String[] args ) { Player player = new Player(); player.name = "Godman"; quote( player ); // 'Godman' GameObject room = new Room(); room.name = "Hogwurz"; quote( room ); // 'Hogwurz' } }
Mit GameObject haben wir eine Basisklasse geschaffen, die verschiedenen Unterklassen Grundfunktionalität beibringt, in unserem Fall das Attribut name. So liefert die Basisklasse einen gemeinsamen Nenner, etwa gemeinsame Attribute oder Methoden, die jede Unterklasse besitzen wird.
In der Java-Bibliothek finden sich zahllose weitere Beispiele. Häufigstes Anwendungsfeld sind Datenstrukturen. Eine Liste nimmt zum Beispiel beim Hinzufügen beliebige Objekte entgegen, denn der Parametertyp ist (intern) Object. Die Substitution besagt, dass wir alle Objekte dort einsetzen können, da alle Klassen von Object abgeleitet sind.
6.9.3 Typen mit dem binären Operator instanceof testen 

Der relationale Operator instanceof hilft dabei, Exemplare auf ihre Verwandtschaft mit einem Referenztyp (Klasse oder Schnittstelle) zu prüfen. Er stellt zur Laufzeit fest, ob eine Referenz von einem bestimmten Typ ist.
Listing 6.62 com/tutego/insel/game/vd/InstanceofDemo.java, main()
System.out.println( "Toll" instanceof String ); // true System.out.println( "Toll" instanceof Object ); // true System.out.println( new Player() instanceof Object ); // true
Alles in doppelten Anführungsstrichen ist ein String, sodass instanceof String wahr ergibt. Für den zweiten und dritten Fall gilt: Alle Objekte gehen irgendwie aus Object hervor und sind somit logischerweise Erweiterungen.
Hinweis Der Operator instanceof testet ein Objekt auf seine Hierarchie. So ist zum Beispiel o instanceof Object für jedes Objekt o wahr, denn jedes Objekt ist immer Kind von java.lang.Object. Die Programmiersprache Smalltalk unterscheidet hier mit zwei Nachrichten isMemberOf (exakt) und isKindOf (wie Javas instanceof). Um den exakten Typ zu testen, lässt sich mit dem Class-Objekt arbeiten, etwa wie im Ausdruck o.getClass().equals (Object.class), der testet, ob o genau ein Object-Objekt ist. |
Die bisherigen Beziehungen hätte der Compiler bereits herausfinden können. Vervollständigen wir das, um zu sehen, dass instanceof wirklich zur Laufzeit den Test machen muss. In allen Fällen ist das Objekt zur Laufzeit ein Raum:
Room go1 = new Room(); System.out.println( go1 instanceof Room ); // true System.out.println( go1 instanceof GameObject ); // true System.out.println( go1 instanceof Object ); // true GameObject go2 = new Room(); System.out.println( go2 instanceof Room ); // true System.out.println( go2 instanceof GameObject ); // true System.out.println( go2 instanceof Object ); // true System.out.println( go2 instanceof Player ); // false Object go3 = new Room(); System.out.println( go3 instanceof Room ); // true System.out.println( go3 instanceof GameObject ); // true System.out.println( go3 instanceof Object ); // true System.out.println( go3 instanceof Player ); // false System.out.println( go3 instanceof String ); // false
Der Compiler lässt aber nicht alles durch. Liegen zwei Typen überhaupt nicht in der Typhierarchie, lehnt der Compiler den Test ab, da die Vererbungsbeziehungen schon inkompatibel sind.
"Toll" instanceof StringBuilder; // Incompatible conditional operand types String and StringBuilder
Der Ausdruck ist falsch, da StringBuilder keine Basisklasse für String ist.
Zum Schluss:
Object ref1 = new int[ 100 ]; System.out.println( ref1 instanceof String );
Ein instanceof-Test mit einer Referenz, die null ist, gibt immer false zurück.
Object ref2 = null; System.out.println( ref2 instanceof String );
Hinweis Mit instanceof lässt sich der Programmfluss aufgrund der tatsächlichen Typen steuern, etwa mit Anweisungen wie if ( reference instanceof Typ ) tue dies, else tue das. In der Regel zeigt Kontrolllogik dieser Art aber tendenziell ein Designproblem an und kann oft anders gelöst werden. Das dynamische Binden ist so eine Lösung; sie wird später vorgestellt. |