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Die Bindungslänge

Gehen zwei Atome eine kovalente Bindung ein, so wird der Abstand zwischen den Atomkernen als Bindungslänge bezeichnet. Jedem Atom ist ein Wert zugewiesen, der die anteilige Bindungslänge des Atoms widerspiegeln soll, wodurch sich auch die verschiedenen Bindungslängen vorhersagen lassen. Diesen Wert bezeichnet man als kovalenten Radius. Diese Vorstellung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Werte in einer additiven Beziehung stehen. In den meisten Fällen ist dies gegeben. So beträgt im Diamanten der C-C Abstand 1,542 Å1 und der Cl-Cl Abstand im Cl2 1,988 Å. Das arithmetische Mittel liegt bei 1,765 Å, was fast dem experimentell ermitteltem Wert von 1,766 Å im Tetrachlorkohlenstoff entspricht [Paul1968].

Abbildung 2.3: Abstände zwischen den Atomen im C2, Cl2 und Cl4C
\resizebox*{0.5\textwidth}{!}{\includegraphics{pics/abstand}}

Der kovalente Radius ist Bestandteil jeder guten Periodentabelle. In dieser werden die chemischen Elemente und deren Eigenschaften aufgelistet. Oft kann man hier jedoch unterschiedliche Angaben zu einem Radius finden. So beträgt der kovalente Radius des Sauerstoffs in einem Periodensystem2 0,73 Å und in einem anderen3 0,66 Å. Die Schwierigkeit besteht darin, einem Atom genau einen Wert zuzuweisen. Der Kovalenzradius eines Atoms ist nämlich von seinem jeweiligen Bindungspartner abhängig. In der Tabelle 2.2 sind einige Beispiele des Wasserstoffradius zu sehen.

Tabelle 2.2: Kovalenzradien des Wasserstoffs
Molekül Abstand der Atome [Å] Radius des Wasserstoffs [Å]
H2 0,74 0,37
HF 0,918 0,28
HCl 1,27 0,28
H2O 0,96 0,30
PH3 1,42 0,32
AsH3 1,52 0,31
C2H6 1,095 0,32
C2H2 1,065 0,29
SnH4 1,70 0,30


Ein Wasserstoffatom hat also nicht immer den gleichen kovalenten Radius innerhalb einer Bindung. Schomaker und Stevenson vermuteten, daß die Bindungslänge zwischen ungleichen Atomen mit der Differenz beider Elektronegativitätswerte zusammenhängt [Huhe1988]. Dazu benötigt man zunächst kovalente Radien, die die Atome untereinander bilden. Die Bindungslänge zwischen den Atomen A und B ist dann die Summe beider Radien rA und rB und eines Korrekturgliedes, das die Elektronegativitätsdifferenz (xA - xB) berücksichtigt.


d (A - B) = rA + rB - c . | xA - xB|


Der Faktor c wird Schomaker-Stevenson-Koeffizient genannt und ist davon abhängig, welche Atome an der Bindung beteiligt sind. Ist ein Atom der zweiten Periode an der Bindung beteiligt, hat der Koeffizient den Wert 0, 08 Å. Sind andere Atome an der Bindung beteiligt, kann der Koeffizient nur noch 0, 02 Å betragen.
Mit dieser Methode lassen sich die Längen verschiedener Atombindungen abschätzen. Dennoch kann man nicht alle Längen befriedigend vorhersagen, denn auch benachbarte Strukturen haben Einfluß auf die Bindungslänge. So wird z.B. eine Bindung von einer benachbarten Doppelbindung verkürzt. Die Doppelbindungen im H2C--C--CH2 sind 0,024 Å kürzer als normal. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, daß eine Bindung durch eine benachbarte Doppelbindung geringfügig um etwa 0,02 Å verkürzt wird [Paul1968]. Die Kovalenzradien sind so definiert worden, um die Länge von Einfachbindungen vorhersagen zu können. Man kann aber auch die Länge von Doppelbindungen abschätzen. In der Regel sind die kovalenten Radien bei Doppelbindungen um ca. 0,105 Å kleiner. Demnach ist eine Doppelbindung um ca. 0,21 Å kürzer als die entsprechende Einfachbindung. Dreifachbindungen sind sogar um ca. 0,34 Å verkürzt.


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Oliver Krone 2003-04-28