16.2 Einfache Zeichenfunktionen 

Im Folgenden wollen wir Beispiele für Zeichenfunktionen kennen lernen. Sie können Primitiven wie Linien auf zwei Arten zeichnen: einmal über eine spezielle Funktion wie drawLine(), und dann lassen sich für diese Elemente Objekte aufbauen, die anschließend gezeichnet werden. Die Variante über Objekte ist Teil der 2D-API, die wir später vorstellen.
16.2.1 Linien 

Auch bei Linien müssen wir uns von der Vorstellung trennen, die uns die analytische Geometrie nahe legt. Laut Euklid ist dort eine Linie als kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten definiert. Da Linien eindimensional sind, besitzen sie eine Länge aus unendlich vielen Punkten, doch keine wirkliche Breite. Auf dem Bildschirm besteht eine Linie nur aus endlich vielen Punkten, und wenn eine Linie gezeichnet wird, werden Pixel gesetzt, die nahe an der wirklichen Linie sind. Die Punkte müssen passend in ein Raster gesetzt werden, und so kommt es vor, dass die Linie in Stücke zerbrochen wird. Dieses Problem gibt es bei allen grafischen Operationen, da von Fließkommawerten eine Abbildung auf Ganzzahlen, in unserem Fall absolute Koordinaten des Bildschirms, gemacht werden muss. Eine bessere Darstellung der Linien und Kurven ist durch Antialiasing zu erreichen. Dies ist eine Art Weichzeichnung mit nicht nur einer Farbe, sondern mit Abstufungen, so dass die Qualität auf dem Bildschirm wesentlich besser ist. Auch bei Zeichensätzen ist dadurch eine gute Verbesserung der Lesbarkeit auf dem Bildschirm zu erzielen.
abstract class java.awt.Graphics |
- abstract void drawLine( int x1, int y1, int x2, int y2 ) Zeichnet eine Linie zwischen den Koordinaten (x1,y1) und (x2,y2) in der Vordergrundfarbe.
g.drawLine( x, y, x, y ); |
16.2.2 Rechtecke 

Als Nächstes werfen wir einen Blick auf die Funktionen, die uns Rechtecke zeichnen lassen. Die Rückgabe ist immer void. Es ist nicht so, dass die Funktionen durch einen Wahrheitswert mitteilen, ob ein tatsächlicher Zeichenbereich gefüllt werden konnte. Liegen die Koordinaten des zu zeichnenden Objekts nicht im Sichtfenster, geschieht einfach gar nichts. Die Zeichenfunktion ist nicht in der Lage, dies dem Aufrufer in irgendeiner Form mitzuteilen.
abstract class java.awt.Graphics |
- void drawRect( int x, int y, int width, int height ) Zeichnet ein Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width + 1 Pixel breit und height + 1 Pixel hoch.
- void abstract fillRect( int x, int y, int width, int height ) Zeichnet ein gefülltes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width Pixel breit und height Pixel hoch.
- void abstract drawRoundRect( int x, y, int width, height, int arcWidth, arcHeight ) Zeichnet ein abgerundetes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width + 1 Pixel breit und height + 1 Pixel hoch. arcWidth gibt den horizontalen und arcHeight den vertikalen Durchmesser der Kreisbögen der Ränder an.
- void abstract fillRoundRect( int x, y, int width, height, int arcWidth, arcHeight ) Wie drawRoundRect(), nur gefüllt und width Pixel breit und height Pixel hoch.
- void draw3DRect( int x, int y, int width, int height, boolean raised ) Zeichnet ein dreidimensional angedeutetes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Der Parameter raised gibt an, ob das Rechteck erhöht oder vertieft wirken soll. Die Farben für den Effekt werden aus den Vordergrundfarben gewonnen.
- void fill3DRect( int x, int y, int width, int height, boolean raised ) Wie draw3Drect(), nur gefüllt.
|
16.2.3 Ovale und Kreisbögen 

Die Graphics-Klasse stellt vier Methoden zum Zeichnen von Ovalen und Kreisbögen bereit. Gefüllte und nicht gefüllte Ellipsen sind immer in ein Rechteck eingepasst.
abstract class java.awt.Graphics |
- abstract drawOval( int x, int y, int width, int height ) Zeichnet ein Oval in der Vordergrundfarbe, das die Ausmaße eines Rechtecks hat. Das Oval hat eine Größe von (width + 1) Pixel in der Breite und (height + 1) Pixel in der Höhe.
- abstract fillOval( int x, int y, int width, int height ) Wie drawOval(), nur gefüllt.
- abstract void drawArc( int x, int y, int w, int h, int startAngle, int arcAngle ) Zeichnet einen Kreisbogen. Null Grad liegt in der 3-Uhr-Position. Bei einem Aufruf mit den Winkelargumenten 0, 270 wird ein Kreisbogen gezeichnet, bei dem 90 Grad im unteren rechten Bereich nicht gezeichnet sind.
- abstract void fillArc( int x, int y, int w, int h, int startAngle, int arcAngle ) Wie drawArc(), nur gefüllt.
Bei der Methode drawOval() müssen wir immer daran denken, dass die Ellipse oder im Spezialfall der Kreis in ein Rechteck mit Startkoordinaten und mit Breite und Höhe gezeichnet wird. Dies ist nicht immer die natürliche Vorstellung von einer Ellipse beziehungsweise einem Kreis. Einen Kreis beziehungsweise eine Ellipse um den Mittelpunkt x, y mit den Radien rx und ry zeichnet:
g.drawOval( x – rx, y – ry, rx + rx, ry + ry );
16.2.4 Polygone und Polylines 

Eine Polyline besteht aus einer Menge von Linien, die einen Linienzug beschreiben. Dieser Linienzug muss nicht geschlossen sein. Ist er es dennoch, sprechen wir von einem Polygon. In Java gibt es verschiedene Möglichkeiten, Polygone und Polylines zu zeichnen. Zunächst beispielsweise über ein Koordinatenfeld:
abstract class java.awt.Graphics |
- abstract void drawPolyline( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints ) Zeichnet einen Linienzug durch die gegebenen Koordinaten in der Vordergrundfarbe. Die Figur ist nicht automatisch geschlossen, wenn nicht die Start- und Endkoordinaten gleich sind. Mit nPoint kontrollieren wir die Anzahl der gezeichneten Linien.
- abstract void drawPolygon( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints ) Zeichnet wie drawPolyline() einen Linienzug, schließt diesen aber immer gleich, indem die erste Koordinate mit der Koordinate nPoints verbunden wird.
- abstract void fillPolygon( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints ) Füllt das Polygon aus. Da eine Polyline offen ist, kann sie nicht gefüllt werden. Somit gibt es die Funktion fillPolyline() nicht.
Die Polygon-Klasse
Neben der Möglichkeit, die Linienzüge durch Koordinatenfelder zu beschreiben, gibt es in Java die Polygon-Klasse Polygon, die auch vom Typ Shape ist. Ein Polygon-Objekt verwaltet seine Koordinaten eigenständig, und von außen können wir Elemente hinzunehmen. Zunächst müssen wir jedoch ein Polygon-Objekt erzeugen. Dazu dienen zwei Konstruktoren:
class java.awt.Polygon
implements Shape, Serializable |
- Polygon() Erzeugt ein Polygon-Objekt ohne Koordinaten.
- Polygon( int[] xpoints, int[] ypoints, int npoints ) Erzeugt ein Polygon mit den angegebenen Koordinaten.
Nun können wir Punkte hinzufügen und Anfragen an das Polygon-Objekt stellen:
- void addPoint( int x, int y ) Fügt ein Koordinatenpaar (x,y) hinzu und aktualisiert die Grenzen (engl. boundings).
- Rectangle getBounds() Gibt die Bounding-Box der Figur zurück. Diese beschreibt ein Rechteck, das das Objekt gerade umschließt. Ein Rectangle-Objekt besitzt die Variablen height (Höhe des Rechtecks), width (Breite des Rechtecks), x (x-Koordinate) und y (y-Koordinate des Rechtecks). Mit verschiedenen Funktionen lassen sich Rechtecke zusammenfassen und schneiden.
Das erzeugte Polygon zeichnet folgende Methoden aus Graphics:
abstract class java.awt.Graphics |
- void drawPolygon( Polygon p ) Zeichnet das Polygon in der Vordergrundfarbe.
- void fillPolygon( Polygon p ) Zeichnet ein gefülltes Polygon.
n-Ecke zeichnen
Bisher gibt es im Graphics-Paket keine Funktion, um regelmäßige n-Ecke zu zeichnen. Eine solche Funktion ist aber leicht und schnell programmiert. Wir teilen dazu einfach einen Kreis in n Teile auf und berechnen die x- und y-Koordinaten der Punkte auf dem Kreis. Diese Punkte fügen wir einem Polygon-Objekt mittels der addPoint()-Methode hinzu. Eine eigene Funktion drawNeck() übernimmt diese Polygon-Erstellung. Der letzte Parameter der Funktion ist ein Wahrheitswert, der bestimmt, ob das n-Eck gefüllt werden soll oder nicht. Nun kann mit zwei öffentlichen Funktionen ein nicht gefülltes beziehungsweise gefülltes n-Eck gezeichnet werden.
Listing 16.4 com/tutego/insel/ui/graphics/N_Vertex.java
package com.tutego.insel.ui.graphics; import java.awt.*; import javax.swing.*; public class N_Vertex extends JPanel { @Override protected void paintComponent( Graphics g ) { VertexDrawer.drawVertex( g, getWidth() / 2, getHeight() / 2, 50, 6, true ); VertexDrawer.drawVertex( g, getWidth() / 2, getHeight() / 2, 60, 6, false ); } public static void main( String[] args ) { JFrame f = new JFrame(); f.setDefaultCloseOperation( JFrame.EXIT_ON_CLOSE ); f.add( new N_Vertex() ); f.setSize( 200, 200 ); f.setVisible( true ); } } class VertexDrawer { private static final Polygon p = new Polygon(); public static synchronized void drawVertex( Graphics g, int x, int y, int r, int n, boolean filled ) { p.reset(); for ( int i = 0; i < n; i++ ) p.addPoint( (int) (x + r * Math.cos( i * 2 * Math.PI / n )), (int) (y + r * Math.sin( i * 2 * Math.PI / n )) ); if ( filled ) g.fillPolygon( p ); else g.drawPolygon( p ); } }