16.7 Weitere Eigenschaften von Graphics 

16.7.1 Eine Kopie von Graphics erstellen 

Das Zeichensystem übergibt an die paintXXX()-Methoden ein Graphics-Objekt, das wir zum Zeichnen oft verändern, etwa um eine Farbe für nachfolgende Operationen zu setzen. Stehen eigene Zeichenfunktion jedoch nicht am Ende der Zeichenfolge, ist es wichtig, den Grafikkontext so zu restaurieren, wie er am Anfang war, um nachfolgende Zeichenoperationen nicht zu beeinflussen. Wichtig ist dies etwa bei Swing-Komponenten, wo paint() die Methoden
- protected void paintComponent( Graphics g )
- protected void paintBorder( Graphics g )
- protected void paintChildren( Graphics g )
aufruft. Nun lässt sich leicht ausmalen, was passiert, wenn unsere Funktion paintComponent() ein verhunztes Graphics-Objekt hinterlässt.
Die erste Lösung ist, sich die alten Zustände zu merken und zurückzusetzen:
Color oldColor = g.getColor(); g.setColor( newColor ); ... g.setColor( oldColor ); // Farbe zurücksetzen
Bei wenigen Eigenschaften funktioniert das gut, doch werden es mehr, ist es sinnvoller, eine Kopie aller Zustände des Grafikkontextes vorzunehmen. Dazu dient die Funktion create(). Von großer Wichtigkeit ist hier, diesen temporären Kontext auf jeden Fall mit dispose() wieder freizugeben, um keinen Speicherplatz zu blockieren.
@Override protected void paintComponent( Graphics g ) Graphics gcopy = g.create(); // Kopie erfragen try { gcopy.draw... // Alle Zeichenoperationen über gcopy } finally { gcopy.dispose(); // Kopie freigeben }
Ist definitiv keine Ausnahme zu erwarten, kann der try-Block entfallen.
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16.7.2 Koordinatensystem verschieben 

Standardmäßig liegt der Koordinatenursprung bei 0,0, also in der oberen linken Ecke. Zum Verschieben des Ursprungs an eine neue Position dient die Graphics-Funktion translate(int x, int y). Alle nachfolgenden Zeichenoperationen werden dann relativ zu x, y sein, was auch den Vorteil hat, dass negative Koordinaten bei Zeichenfunktionen möglich sind.
Da Graphics2D vor dem Zeichnen beliebige affine Transformationen anwenden kann, kommen unter Graphics2D noch einige Funktionen hinzu:
- rotate( double theta )
- rotate( double theta, double x, double y )
- scale( double sx, double sy )
- setTransform( AffineTransform Tx )
- shear( double shx, double shy )
- transform( AffineTransform Tx )
- translate( double tx, double ty )
16.7.3 Beschnitt (Clipping) 

Alle primitiven Zeichenoperationen wirken sich auf den gesamten Bildschirm aus und sind nicht auf bestimmte Bereiche eingeschränkt. Wenn wir Letzteres erreichen wollen, setzen wir einen so genannten Clipping-Bereich, außerhalb dessen nicht mehr gezeichnet wird. Der Beschnittbereich lässt sich mit zwei Funktionen des aktuellen Graphic-Objekts modifizieren beziehungsweise einschränken:
abstract class java.awt.Graphics |
- abstract void setClip( int x, int y, int width, int height ) Setzt den neuen Beschnittbereich, sodass gezeichnete Zeilen außerhalb des Bereichs nicht sichtbar sind.
- abstract void clipRect( int x, int y, int width, int height ) Verkleinert den Beschnittbereich, in dem der aktuelle Bereich (getClip()) mit dem übergebenen Rechteck geschnitten wird. Wurde vorher kein Beschnittbereich festgelegt – getClip() lieferte null –, ist clipRect() mit setClip() identisch.
Das folgende Programm setzt den ersten Clipping-Bereich mit setClip(100, 100, 100, 200). Das Füllen eines sehr großen Bereichs wird dann lokal nur im Beschnittbereich ausgeführt. Anschließend verkleinert clipRect(0, 200, 150, 50) den Bereich, doch obwohl x bei 0 beginnt, hat schon setClip() ihn bei 100 gesetzt, so dass die Verbindung der beiden Bereiche (100, 100, 100, 200) geschnitten (0, 200, 150, 50) = (100, 200, 50, 50) ergibt.
Listing 16.24 com/tutego/insel/ui/graphics/ClipDemo.java
package com.tutego.insel.ui.graphics; import java.awt.*; import javax.swing.*; public class ClipDemo extends JPanel { private static final long serialVersionUID = 3020598670163407618L; @Override protected void paintComponent( Graphics g ) { super.paintComponent( g ); Graphics gcopy = g.create(); // Clipping erstmalig setzen, auch mit clipRect() möglich g.setClip( 100, 100, 100, 200 ); // setClip()!! g.setColor( Color.ORANGE ); g.fillRect( 0, 0, getWidth(), getHeight() ); g.setColor( Color.BLACK ); g.drawOval( 150, 100, 100, 100 ); // Zweiter Clipping-Bereich g.clipRect( 0, 200, 150, 50 ); // clipRect()! g.setColor( Color.BLUE ); g.fillRect( 0, 0, 5000, 5000 ); // Arbeite mit der ursprünglichen Größe gcopy.setColor( Color.GREEN ); gcopy.fillRect( 50, 50, 20, 50 ); gcopy.dispose(); } public static void main( String[] args ) { JFrame f = new JFrame(); f.setDefaultCloseOperation( JFrame.EXIT_ON_CLOSE ); f.setSize( 400, 400 ); f.add( new ClipDemo() ); f.setVisible( true ); } }
Abbildung 16.10 Clipping-Bereiche
Alternative Formen
Durch setClip() können alternativ zu den rechteckigen Formen auch beliebige Shape-Objekte die Clipping-Form vorgeben. Die folgende paintComponent()-Methode benutzt als Beschnitt ein Dreieck:
Listing 16.25 com/tutego/insel/ui/graphics/ClipTri.java, Ausschnitt
@Override protected void paintComponent( Graphics g ) { super.paintComponent( g ); Rectangle r = g.getClipBounds(); System.out.println( r ); Polygon p = new Polygon( new int[] { 200, 100, 300 }, new int[] { 100, 300, 300}, 3 ); g.setClip( p ); g.setColor( Color.ORANGE ); g.fillRect( 0, 0, 500, 500 ); }
Verdeckte Bereiche und schnelles Bildschirmerneuern
Clipping-Bereiche sind nicht nur zum Einschränken der Primitiv-Operationen sinnvoll. Bei Bereichsüberdeckungen in Fenstern liefern sie wertvolle Informationen über den neu zu zeichnenden Bereich. Bei einer guten Applikation wird nur der Teil wirklich neu gezeichnet, der auch überdeckt wurde. So lässt sich Rechenzeit sparen.
@Override public void paint( Graphics g ) { Rectangle r = g.getClipBounds(); System.out.println( r ); } Das Programm erzeugt etwa: java.awt.Rectangle[x=4,y=23,width=392,height=373] java.awt.Rectangle[x=104,y=87,width=292,height=309] java.awt.Rectangle[x=104,y=87,width=286,height=211] java.awt.Rectangle[x=104,y=87,width=243,height=196] java.awt.Rectangle[x=104,y=87,width=221,height=219] java.awt.Rectangle[x=101,y=89,width=221,height=219] ... Aus den Ausgaben lassen sich verschiedene Fensteroperationen ableiten: Ein fremdes Fenster wurde über das Java-Fenster geschoben, und dann wurde das fremde Fenster verkleinert. |
Die Rectangle-Informationen geben Aufschluss über die Größe der neu zu zeichnenden Bereiche. Haben wir schon daran gedacht, die Information in einem Image-Objekt abzulegen, lässt sich wunderbar drawImage(Image img, int dx1, int dy1, int dx2, int dy2, int sx1, int sy1, int sx2, int sy2, ImageObserver observer) nutzen. Hier müssen wir die Werte aus dem Rectangle auslesen und in drawImage() übertragen. getClipBounds() liefert ein Rec-tangle-Objekt, dessen Werte für drawImage() nötig sind. Da jedoch auch beliebige Formen möglich sind, liefert getClip() ein Shape-Objekt. getClipRect() ist die veraltete Methode zu getClipBounds(), sonst aber identisch. Die Methode getClipBounds(Rectangle) – eine der wenigen nicht abstrakten Methoden in Graphics – legt die Informationen im übergebenen Rectangle-Objekt ab, das auch zurückgeliefert wird. Sie ruft nur getClipBounds() auf und überträgt die vier Attribute in das Rechteck.
Im Übrigen: In der paint()-Methode ist es oft klug, mit clipRect() den Bereich einzuschränken, statt ihn mit setClip() zu setzen, denn er könnte schon relativ klein sein; setClip() könnte den Beschnittbereich größer machen und unnötige Zeichenoperationen erzwingen.