19.2 Servlets und JSPs mit Tomcat entwickeln 

Um Servlets und JavaServer Pages entwickeln und testen zu können, benötigen wir einen servlet-fähigen Webserver beziehungsweise einen Servlet-Container. Mittlerweile gibt es eine große Anzahl von Herstellern, deren Server Servlets verwalten.
19.2.1 Servlet-Container 

Servlets und Applets sind konzeptionell ähnlich. Daher kann ein Vergleich gewagt werden: Applets werden vom Webbrowser geladen und gestartet. Den Browser können wir dabei als Container für Applets betrachten, der eine Infrastruktur wie die virtuelle Maschine oder Netzwerkeigenschaften bereitstellt. Innerhalb einer Java-Umgebung im Browser können durchaus mehrere Applets parallel eingebunden sein, die untereinander kommunizieren. Genauso verhält es sich mit Servlets. Auch hier benötigen wir einen Container, der alle Servlets verwaltet. Dieser kann entweder in einem Webserver eingebettet sein oder in einem Applikationsserver. Der Container leitet dann Anfragen an das Servlet weiter. Neben der Kommunikation nach außen verwaltet der Container den Lebenszyklus eines Servlets, genau wie ein Browser darüber wacht, ob das Applet gerade sichtbar ist oder nicht. Bei Servlets sieht ein solcher Vorgang wie folgt aus: Ein Client richtet eine HTTP-Anfrage an den Webserver. Dieser bemerkt, dass es sich um ein Servlet handelt, und gibt die Anfrage an den Container weiter. Dieser wiederum verwaltet alle Servlets, spricht genau das Servlet an, das der Benutzer nutzen wollte, und übergibt Datenströme zur Ein- und Ausgabe. Das Servlet liest über den Eingabekanal optional Formularinhalte und generiert über den Ausgabestrom eine HTML-Seite, die der Container an den Client weiterreicht.
19.2.2 Entwicklung der Servlet/JSP-Spezifikationen 

Servlets gibt es schon seit 1995 und damit sehr lange. JSPs kamen etwas später, haben sich jedoch genauso in den Jahren weiterentwickelt. Während die ersten Versionen 1.0 und 1.1 ausschließlich Sun entwarf, lag beginnend bei den Spezifikationen für JSP 1.2 und Servlet 2.3 der Entwurf beim Java Community Process (JSR 53). Ende 2003 ist der Abschluss vom JSR 152 für die JSP 2.0- und JSR 154 für die Servlet 2.4-Spezifikation. Im Mai 2006 gab es kleine Aktualisierungen der JavaServer Pages auf Version 2.1 (JSR 245) und ein »Maintenance Release« beim bestehenden JSR 154 als Servlet 2.5-Spezifikation. Sie integrierten die neuen Spracheigenschaften von Java 5, etwa die Annotation @Resource zum Injizieren von Objekten aus dem JNDI. [Eine Übersicht gibt Jason Hunter auf http://www.javaworld.com/javaworld/jw-01-2006/jw-0102-servlet_p.html. ] Beide Standards sind Teil von Java EE 5.
19.2.3 Webserver mit Servlet-Funktionalität 

Sun führt auf der Firmen-Webseite http://java.sun.com/products/servlet/industry.html eine Liste von Servlet-fähigen Servern auf. Ein Server ist genau dann Servlet-fähig, wenn er die Java-Servlet- und JSP-Spezifikation erfüllt. Drei freie Server sind:
- Apache Tomcat. Tomcat ist ein Produkt der Apache Software Foundation und steht quell offen unter der Apache-Lizenz. Tomcat 6 implementiert die aktuellen Standards JSP 2.1 und Servlet 2.5. Tomcat 5.5 ist die offizielle Referenzimplementierung der Servlet 2.4- und JSP 2.0-Spezifikation. Zum Testen von Servlets und JSPs kann Tomcat entweder als Stand alone-Applikation eingesetzt oder auch in den Apache-Server eingebunden werden. Er ist wie der Apache-Server frei und zu finden unter http://tomcat.apache.org/.
- Jetty. Ein weiterer freier HTTP-Server und Servlet-Container unter der Apache-Lizenz ist Jetty (http://jetty.mortbay.org/). Jetty lässt sich leicht in eigene Programme einbauen, die Servlet/JSP-Funktionalität benötigen, um etwa Web-Services anzubieten. Jetty 6 bietet Unterstützung für den aktuellen Servlet 2.5-Standard.
- Sun Java System Web Server. Der Web-Server ist üblicherweise Teil des Applikationsservers GlassFish (https://glassfish.dev.java.net/), der Java EE 5-Referenzimplementierung. Die Servlet-Engine lässt sich aber auch allein nutzen – dann ist dann als Sun Java System Web Server unter http://www.sun.com/download/products.xml?id=467713d6 zu beziehen.
19.2.4 Tomcat 

Der Tomcat-Server liegt unter http://tomcat.apache.org/download-60.cgi als komprimiertes Archiv (.zip oder .tar.gz) oder Installer für Windows (.exe) zum Laden bereit. Wir entscheiden uns für das Zip-Archiv apache-tomcat-6.0.14.zip, was wir auspacken müssen – im Folgenden wird der Pfad C:\Programme\apache-tomcat-6.0 angenommen. Im Verzeichnis von Tomcat gibt es folgende Unterordner:
bin |
Ordner mit Batch-Skripten zum Starten/Beenden des Servers |
conf |
Konfigurationsdateien |
lib |
Jar-Dateien von Tomcat und für eigene Web-Applikationen |
logs |
Logging-Dateien |
temp |
Ordner für temporäre Dateien |
webapps |
Web-Applikationen |
work |
Servlets, die aus JSPs generiert wurden |
Tomcat definiert zwei Teilprojekte mit den Namen Catalina und Jasper. Catalina ist für Servlets zuständig, und Jasper ist der JSP-Compiler, der JavaServer Pages in Servlets übersetzt. Jasper ist selbst ein Servlet. Bei einer Installation sind beide Teile aktiv.
Starten und Beenden
Im Ordner lib befindet sich zum Starten eine Batch-Datei startup (mit der Endung .bat für Windows und .sh für Unix-Systeme). Die könnte sofort gestartet werden, Tomcat setzt aber eine gesetzte Umgebungsvariable JAVA_HOME voraus. Über die Systemeigenschaften könnten wir diese Variable setzen, doch wählen wir den einfachen Weg und editieren für Windows startup.bat. Die ersten Zeilen werden dann etwa sein:
Listing 19.3 C:\Programme\apache-tomcat-6.0\bin\startup.bat
@echo off SET JAVA_HOME=C:\Programme\Java\jdk1.6.0 if "%OS%" == "Windows_NT" setlocal
Jetzt lässt sich Tomcat über startup starten, und Konsolenmeldungen erscheinen. Ein Blick im Browser auf die lokale Adresse http://localhost:8080/ zeigt die Tomcat-Startseite. Hier finden sich Beispiele und die APIs für das Paket.
Konfiguration
Im Unterverzeichnis conf liegt die XML-Datei server.xml, die wichtigste Konfigurationsdatei für den Server. Hier lässt sich beispielsweise der Port anpassen; ohne Veränderung der Voreinstellungen installiert sich der Webserver auf dem lokalen Rechner auf Port 8080.
19.2.5 Ablageort für eigene JSP-Seiten 

Die Hauptseite, die bei http://localhost:8080/ im Browser bezogen wird, befindet sich physikalisch unter: C:\Programme\apache-tomcat-6.0\webapps\ROOT\index.jsp
Unsere erste JSP-Seite wollen wir zum Testen direkt unter ROOT setzen.
Listing 19.4 C:\Programme\apache-tomcat-6.0\webapps\ROOT\date.jsp
<html><body> Hallo Nutzer. Wir haben heute <%= new java.util.Date() %>. </body></html>
Im Browser steuert die URL http://localhost:8080/date.jsp diese neue JSP an. Jasper übersetzt das JSP in ein Servlet und führt es aus, sodass der Browser etwa anzeigt:
Hallo Nutzer. Wir haben heute Fri Jul 20 09:05:05 CEST 2007.
Dass unsere JSPs unter ROOT liegen, ist zwar praktisch, aber unprofessionell. Wir sollten sie in ein anderes Verzeichnis legen. So können wir ohne Schwierigkeiten unsere Projekte weitergeben und müssen uns auch bei einer Neuinstallation von Tomcat keine Sorgen machen. Dafür ist jedoch etwas Konfigurationsaufwand erforderlich. Vereinfachen können wir uns die Arbeit, indem wir ein Eclipse-Plugin nutzen.
19.2.6 Web-Applikationen 

Eine Web-Applikation definiert die logische Struktur der Elemente, die zu einer Webanwendung gehören. Insbesondere sind diese Elemente statische Webseiten, Bilder und Medien, JSP-Seiten und Servlets, externe Bibliotheken, Tag-Libraries, Beans und Applets. Jeder Web-Applikation wird ein eigenes Verzeichnis zugeordnet, in dem es eine vordefinierte Verzeichnisstruktur gibt. Von besonderer Bedeutung ist das Unterverzeichnis WEB-INF, das auch Tomcat für Beispiel-Web-Applikationen nutzt:
- C:\Programme\apache-tomcat-6.0\webapps\examples\WEB-INF
- C:\Programme\apache-tomcat-6.0\webapps\ROOT\WEB-INF
In WEB-INF stehen Objekte, die der Webserver nicht nach außen freigibt, etwa Servlet–Klassen, obwohl die Servlets selbst natürlich nutzbar sind. Des Weiteren findet sich in WEB-INF eine Datei web.xml, der so genannte Deployment-Descriptor. Unter WEB-INF können zusätzlich die Unterverzeichnisse classes und lib definiert werden, so wie Tomcat es auch für die Web-Applikation examples vornimmt.
- classes. Das Verzeichnis nimmt übersetzte Java-Klassen auf. Das können Servlets, Java-Beans oder andere Klassen sein. Der Servlet-Container nimmt die Objekte automatisch in den Suchpfad mit auf.
- lib. Im Unterverzeichnis lib stehen Jar-Archive, die ebenfalls in den Suchpfad aufgenommen werden.
Tomcat beginnt mit der Suche nach Klassen im Verzeichnis WEB-INF/classes und sucht, falls die Klassen dort nicht zu finden waren, anschließend in WEB-INF/lib weiter. Unter dem Ordner lib direkt im Installationsverzeichnis von Tomcat können applikationsübergreifende Bib-liotheken abgespeichert sein.
index.jsp login.jsp pics/logo.gif WEB-INF/web.xml WEB-INF/table.tld |
WEB-INF/lib/driver.jar WEB-INF/classes/com/tutego/servlet/ChartServlet.class WEB-INF/classes/com/tutego/beans/Customer.class |
19.2.7 Zuordnung von Web-Applikationen zu physikalischen Verzeichnissen 

Um nicht unter dem webapps-Ordner die Web-Applikationen ablegen zu müssen, gilt es die Datei conf/server.xml im Tomcat-Verzeichnis zu modifizieren. Dort ist ein Eintrag eingebunden, der genau den Pfad auf unser Projekt angibt, sodass Tomcat einer Web-Applikation ein Verzeichnis zuordnen kann. Die Zuordnung geschieht dabei mit einem XML-Eintrag Context im Host-Element, der unter http://tomcat.apache.org/tomcat-6.0-doc/config/context.html genau beschrieben ist.
<Context path="/web" docBase="C:/Insel/programme/18_JSPServlets/WebContent" reloadable="true" /> Nach der Änderung muss Tomcat neu gestartet werden. Nach dem Start befinden sich die JSPs dann unter http://localhost:8080/web/. |
19.2.8 Mit dem WTP ein Web-Projekt entwickeln 

Mit dem installierten Eclipse Web Tool Project (WTP, vorgestellt in Kapitel 1) ist die Entwicklung von JSPs und Servlets komfortabel.
Einen Server anmelden
Zuerst soll Tomcat als Web-Container angemeldet werden. Wir wählen dazu unter Window • Preferences... im Baum unter Server den Eintrag Installed Runtimes. Unter Add... öffnet sich ein neuer Dialog, wo wir im Baum Apache, Apache Tomcat v6.0 auswählen und mit Next einen weiteren Dialog bekommen. Dort ist der Installationsort von Tomcat einzutragen, etwa C:\Programme\apache-tomcat-6.0. Finish beendet den kleinen Dialog, und anschließend ist auch im Preferences-Dialog der Tomcat Server eingetragen.
Jetzt kann Eclipse grundsätzlich etwas mit Tomcat anfangen, aber die Tomcat-Instanz soll in einer eigenen Eclipse-View angezeigt und verwaltet werden. (Die View ist in der Java EE Perspektive automatisch eingeblendet.) Dazu aktivieren wir unter Window • Show View • Server. In der neuen View ist – falls noch nicht eingetragen – im Kontextmenü unter New • Server der Tomcat v6.0 Server auszuwählen und mit Finish zu übertragen.
Ein neues Web Project
Nach dem Bekanntmachen des Servers können wir das Web-Projekt anlegen. (Ohne es verschweigen zu wollen: Auch dort lässt sich noch der Server anlegen.)
1. | Wir wählen dazu File N New N Other..., dann unter Web den Eintrag Dynamic Web Project. |
2. | Im Dialog New Dynamic Web Project geben wir einen Projektnamen an. Für mein Kapitel wähle ich 18_JSPServlets. |
3. | Unter Target Runtime ist unser Apache Tomcat ausgewählt. Bei mehreren Servern oder Servern, die vorher unter den Einstellungen nicht angemeldet wurden, kann jetzt noch schnell ein Server bestimmt werden. |
4. | Finish würde das Projekt schon jetzt abschließen können, doch wir wollen noch den Namen der Context Root anpassen. Unter Next N Next vergibt das WTP als Standardnamen den Namen des Projekts. Das möchte ich in web ändern. Jetzt darf Finish den Wizard abschließen und das WTP unser Projekt aufbauen. |
Die logische Verzeichnisstruktur ist wie folgt:
- Unter Java Sources: src befinden sich Java-Quellen für Servlets, Beans, Tag-Implementierungen und ganz allgemeine Quellcodeklassen.
- Das Verzeichnis WebContent bildet das Dokumenten-Wurzelverzeichnis mit den üblichen Web-Applikationsverzeichnissen WEB-INF und META-INF sowie der zentralen Datei web.xml.
Eine neue HTML/JSP-Seite
Ist im Projektbaum WebContent selektiert, finden sich im Kontextmenü unter New die Einträge HTML und JSP. In beiden Fällen ist der Dateiname anzugeben – ohne Dateiendung. Ein Ende mit Finish liefert eine Seite mit Standard-Vorlage; wählen wir Next, können wir eine Vorlage auswählen.
Ist eine JSP oder HTML angelegt, kann mit gestartetem Tomcat-Server einfach der interne Webbrowser über das Kontextmenü Run As • Run on Server • Finish die Seite anzeigen.