19.7 JSP Tag-Libraries 

Unsere bisherigen Webseiten bestanden hauptsächlich aus Visualisierungen mit eingestreuten Java-Quellcode-Stücken. Bei guter Arbeit haben wir ausgiebig Beans benutzt, die das Datenmodell beinhalten. Leider bleibt dann immer noch das Problem, dass zu viel Java-Quellcode in der JSP verbleiben kann, was auch daran liegt, dass die Beans kein HTML erzeugen sollen, damit sie universell wiederverwendbar sind – Beans sollen mit JSPs direkt nichts zu tun haben. Erzeugen die Beans jedoch kein HTML und soll die JSP es ebenfalls nicht tun, bleibt die Frage, wer denn dann HTML-Ausgaben erzeugen soll und wie ohne Java-Programmcode Seitensteuerung stattfinden soll.
Die Antwort liegt in speziellen Bibliotheken mit benutzerdefinierten Tags (engl. custom tag libraries), kurz Taglibs genannt. Diese Tags sind gültiges XML, so dass es mit ihnen möglich wird, eine Webseite ganz ohne Scriptlets zu formulieren. Ein XML-Prozessor kann eine generierte Datei mit Tags dann als korrektes XML validieren.
Der Autor der Tags definiert nach außen eine Funktionalität ähnlich der der Beans. Den Nutzer hat es nicht zu interessieren, wie die Tags implementiert sind. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von freien Tag-Bibliotheken, etwa bei http://coldjava.hypermart.net/jsp.htm. Ein interessantes Beispiel ist http://coldjava.hypermart.net/servlets/skypetag.htm, was an-zeigt, ob ein Benutzer bei Skype angemeldet ist oder nicht.
19.7.1 Standard Tag Library (JSTL) 

Sun standardisierte mit der JSTL (Java Standard Tag Library) eine Sammlung von Tag-Bib- liotheken, mit der Webentwickler Standardaufgaben lösen können:
- Kernaufgaben (Iterationen, Fallunterscheidungen)
- Landestypische Formatierungen
- XML-Verarbeitung (Parsing, Transformationen)
- Datenbankanbindungen
Besonders die Kern-Tags sind interessant und finden sich verbreitet in vielen Web-Applikationen.
JSTL beziehen
Um neue Tags in einer Webseite nutzen zu können, sind zum einen Implementierungen nötig und zum anderen Beschreibungsdateien, so genannte TagLib-Deskriptoren. Die Standardimplementierung der JSTL-Tags ist wie auch die Referenzimplementierung bei Apache unter http: //jakarta.apache.org/taglibs/doc/standard-doc/ zu finden. Für eine eigene Web-Applikation ist zunächst die Implementierung jakarta-taglibs-standard-1.1.2.zip (Download unter http: //jakarta.apache.org/site/downloads/downloads_taglibs-standard.cgi) auszupacken. Besondere Aufmerksamkeit schenken wir den Dateien jstl.jar und standard.jar; sie müssen im Klassenpfad der Web-Applikation liegen. Neue Bibliotheken sind entweder global für alle Web-Applikationen oder lokal für genau eine Web-Applikation. Im ersten Fall sind sie unter Tomcats Ordner lib abzulegen, im lokalen Fall im WEB-INF/lib-Verzeichnis der Web-Applikation.
JSTL unter WTP
Wir wollen JSTL lokal für unsere Web-Applikation anmelden und kopieren die beiden Dateien jstl.jar und standard.jar unter WebContent in das Verzeichnis WEB-INF/lib. Nach dem Kopieren sind die Dateien aber nur scheinbar nicht vorhanden, da sie in der Java- und J2EE-Perspektive in Eclipse ausgeblendet, aber unter Web App Libraries aufgeführt sind.
TabLibs nutzen
In einer JSP meldet die Tablib-Direktive eine Tag-Bibliothek an. Ihr allgemeines Format ist:
<%@ taglib uri="URIForLibrary" prefix="tagPrefix" %>
Die Direktive definiert einen Namensraum (Präfix) und einen logischen Namen, mit dem der Tag-Library-Deskriptor verbunden ist. Im Fall der JSTL kann der Web-Container automatisch mit den logischen Namen die Tags assoziieren, bei eigenen TagLibs muss entweder in web.xml eine Zuordnung vorgenommen werden oder in der Taglib-Direktive ein physikalischer Verweis stehen.
Die JSTL definiert mehrere TagLibs, die alle ihre eigenen logischen Namen tragen und ein übliches Präfix für den XML-Namensraum bekommen:
TagLib | Übliches Präfix | Logischer Name/URI |
Core |
c |
|
Formatierung |
fmt |
|
Funktionen |
fn |
|
SQL |
sql |
|
XML |
x |
Was eine TagLib für Tags definiert und welche Attribute nötig und erlaubt sind, dokumentiert die Webseite http://java.sun.com/products/jsp/jstl/1.1/docs/tlddocs/.
<html
xmlns:c="http://java.sun.com/jsp/jstl/core">
<head><title>Hallo Titel</title></head>
<body />
</html> |
Core-Tags
Unter den Core-Tags finden sich Tags für Ausgabe, URL-Behandlung und imperatives Programmieren.
- <c:out>. Ausgabe von Werten, mit und ohne Umkodierungen der HTML-Sonderzeichen <, &
- <c:set>. Setzt Variablen in einen Gültigkeitsbereich
- <c:remove>. Löscht Variablen aus einem Gültigkeitsbereich
- <c:if>, <c:choose>, <c:when>, <c:otherwise>. Realisiert Fallunterscheidungen
- <c:forEach>, <c:forTokens>. Iteriert über Mengen oder Zeichenketten
- <c:catch>. Fängt Ausnahmen auf
- <c:url>, <c:redirect>, <c:import> für URLs, Umleitungen und Einbettungen
Fallunterscheidung mit <c:if> und <c:choose>
Mit Hilfe der Fallunterscheidung soll eine Ausgabe gemacht werden, wenn die Anzahl der Millisekunden der aktuellen Uhrzeit gerade ist:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%> <jsp:useBean id="datum" class="java.util.Date" /> ${datum.time}: <c:if test="${datum.time mod 2 == 0}"> Gerade Anzahl Millisekunden. </c:if>
Da es beim <c:if> kein Alternative mit else gibt, bietet JSTL eine andere Lösung über <c:choose>. (Wer XSLT kennt, ist mit der Schreibweise schnell vertraut.)
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%> <c:set var="alter" value="1" /> <c:choose> <c:when test="${alter < 16}" > Kind </c:when> <c:when test="${alter >= 16 and alter < 18}" > Jugendlich </c:when> <c:when test="${alter >= 18 and alter < 60}" > Volljährig </c:when> <c:otherwise> Das reife Alter </c:otherwise> </c:choose>
Schleifen
Mit eingebundenen Core-Tags soll eine Schleife von 0 bis 255 laufen und sollen die Schleifenwerte RGB-Farben für die Ausgabe bilden:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%> <c:forEach var="col" begin="0" end="255"> <span style="color:rgb(${col},${col},${col})">${col}</span> </c:forEach>
Die häufigste Aufgabe der <c:forEach>-Schleife dürfte es sein, über Sammlungen zu laufen:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%> <jsp:useBean id="format" class="java.text.SimpleDateFormat" /> <c:forEach var="w" items="${format.dateFormatSymbols.weekdays}" > ${w} </c:forEach>
Die Ausgabe ist bei deutscher Locale: Montag Dienstag ...
Iteriert <c:forEach> über eine Sammlung, gibt es mit einer besonders deklarierten Variable Zugriff auf die Positionen:
<%@ taglib prefix="c" uri="/WEB-INF/tld/c.tld" %> <c:forEach var="i" items="a, b, c, d, e, f, g" varStatus="status" begin="2" end ="4" > i: ${i}, current: ${status.current}, index: ${status.index}, count: ${status.count} <br> </c:forEach>s
Die Ausgabe ist dann:
i: c, current: c, index: 2, count: 1 i: d, current: d, index: 3, count: 2 i: e, current: e, index: 4, count: 3
URLs aufbauen
Mit dem Tag <c:url> lässt sich eine URL mit Parametern aufbauen. Nehmen wir eine JSP curl.jsp an:
<c:url value="http://www.google.de/search?" var="url"> <c:param name="q" value="${param.name}"/> </c:url> <a href='${url}'>Suche ${url}</a>.
Rufen wir das Skript mit dem Parameter name=Lego auf:
http://localhost:8080/jsp/curl.jsp?name=Lego
so wird die folgende URL generiert:
http://www.google.de/search?q=Lego&
Sonderzeichen werden URL-Encoded.
19.7.2 Jakarta Taglibs Project 

Neben der JSTL bietet die Apache-Gruppe unter http://jakarta.apache.org/taglibs/ eine Reihe weiterer Taglibs an. Die folgende Tabelle gibt eine Kurzbeschreibung der unterstützten Jakarta-Taglibs; weitere Taglibs in der Sandbox sind zum Beispiel für Grafiken und Mail.
Taglib | Beschreibung |
Benchmark |
Möglichkeiten zur Messung der Performance |
BSF |
Das Bean Scripting Framework (BSF) erlaubt das Einbetten von Script-Sprachen wie JavaScript, VBScript, Perl, Tcl oder Python in Java. |
Cache |
Caching von JSP-Fragmenten |
DateTime |
Formatieren von Datumsausgaben, Lokalisierung, Eingabe aus HTML-Formularen |
I18N |
Hilfe bei der Internationalisierung |
Input |
Repräsentiert FORM-Elemente. |
IO |
Ermöglicht HTTP-, HTTPS-, FTP-, XML-RPC- oder SOAP-Anfragen aus der JSP, um externe Daten einzubinden. |
JMS |
Java Message Service zum Empfangen und Senden von Nachrichten |
JNDI |
Erzeugt einen javax.naming.Context. |
Log |
Logging mit log4j in Dateien, JMS, RPC ... |
Mailer |
E-Mail-Versand |
Random |
Generiert zufällige Zeichenketten und Zahlen. |
RDC |
Reusable Dialog Components für Sprachapplikationen |
Regexp |
Reguläre Ausdrücke |
Scrape |
Entnimmt Teile aus Webseiten und bindet sie in die eigene JSP ein. |
String |
Verarbeitung von Zeichenketten |
XTags |
XSLT und Verweise mit XPath |